Private Altersvorsorge

Was die Politik bei der Rente versäumt hat

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Eine Frauenhand steckt einen Euro in ein goldenes Sparschwein.
Immer mehr Millennials sorgen privat vor und bereiten sich damit wesentlich früher aufs Alter vor als die Generationen vor ihnen. © Getty Images / Guido Mieth
Elisabeth Niejahr im Gespräch mit Jana Münkel · 03.08.2022
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Viele Babyboomer blicken verzagt auf ihre künftige staatliche Rente. Die jungen Millennials dagegen sorgen konsequenter privat fürs Alter vor. Gut so, sagt Wirtschaftsexpertin Elisabeth Niejahr: Sie glichen damit das aus, was die Politik versäumt habe.
Das Thema Rente bereitet nicht nur den Babyboomern, die in den kommenden zehn Jahren in großer Zahl in Rente gehen, Sorgen. Auch die Millennials, die noch wesentlich weiter von der Rente entfernt sind, denken bereits ans Alter – und sorgen privat vor: mit ETFs oder anderen Anlage- und Sparmodellen.
Sie machen das offenbar wesentlich bewusster und – teils schon mit Mitte, Ende 20 – deutlich früher als die Generationen vor ihnen. Laut dem neuen Rentenkompass der Allianz tun sie genau das Richtige. Mit dem Online-Rechner kann man herausfinden, wie groß die Lücke zwischen staatlicher Rente und einem auskömmlichen Leben später im Alter sein wird und was man noch privat dazutun muss.

Die Riester-Rente stirbt vor sich hin

Viele Reformen, die während der Regierung Schröder aufgelegt wurden, hätten nur sehr bedingt funktioniert. Die Riester-Rente sei das beste Beispiel – „die stirbt gerade so vor sich hin“, sagt Elisabeth Niejahr, Geschäftsführerin bei der Hertie-Stiftung.
Auch die Idee der Ampel-Koalition, eine sogenannte Aktienrente einzuführen und mit zehn Milliarden Euro zu bezuschussen, überzeugt die ehemalige Redakteurin der „Wirtschaftswoche“ nicht. „Das ist kein riesiger Betrag, wenn man bedenkt, dass jedes Jahr 300 Milliarden für Rente ausgegeben werden.“

Elisabeth Niejahr ist Geschäftsführerin des Bereichs „Demokratie stärken“ der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung. Zuvor war sie Chefreporterin der „Wirtschaftswoche“ und Hauptstadtkorrespondentin der Wochenzeitung „Die Zeit“. Niejahr studierte Volkswirtschaft in Köln und Washington, parallel dazu verlief ihre Ausbildung an der Kölner Schule für Wirtschaftsjournalisten.

Die junge Generation nehme sehr bewusst wahr, dass in der alternden deutschen Gesellschaft politisch weniger für die Vorsorge der Jüngeren getan werde als für die Bewahrung des aktuellen Rentenniveaus. Erfreulich findet sie dabei: „Was ich auch wahrnehme ist eine bessere Bildung zu Finanzthemen und dass jüngere Menschen das viel selbstverständlicher in die Hand nehmen.“

Millennials habe finanzielle Absicherung früh im Blick

Die lange gestellte Forderung, dieses Thema frühzeitig im Schulunterricht zu behandeln, habe offenbar Früchte getragen.  Und anders als noch vor 20 Jahren gelte es heute nicht mehr als Widerspruch, die eigenen finanzielle Absicherung mit klugen Investitionen und zugleich das Thema Nachhaltigkeit und ökologische Zukunft im Blick zu haben.
Doch was machen jene, die mit Mitte, Ende 20 nicht über die nötigen Mittel für private Vorsorge verfügen? Und was ist von der von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geforderten Generationenrente, für die der Staat bei der Geburt jedes neuen Bürgers 5000 Euro in Aktien anlegen müsste?

Zu viel Zeit versäumt

Auch wer in jungen Jahren nur sehr kleine Beträge anlege, könne damit über Jahrzehnte eine ganz gute Summe ansparen, meint die Wirtschaftsexpertin. Und sie benennt einen entscheidenden Systemfehler: Leider sei in Deutschland sehr viel   zu viel - Zeit versäumt worden, eine kapitalgedeckte Altersrente aufzulegen. Im Prinzip werde es nun wohl auf eine schleichende Erhöhung des Renteneintrittsalters hinauslaufen.
Das wiederum ist aus Niejahrs Sicht ungerecht, weil die Lebenserwartung eines Menschen auch stark davon abhänge, in welchem Beruf er oder sie tätig sei. Wer körperlich hart gearbeitet habe und deshalb wie auch aus sozialen Gründen kein gesundes Leben geführt habe, werde dann unter Umständen nicht mehr sehr lange etwas von seiner Rente haben.
Umgekehrt sieht sie vor allem die Gesunden und Gebildeten im Vorteil – dies werde bei den Gerechtigkeitsdiskussionen immer ein wenig unterschätzt oder ausgeblendet.
(mkn)

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